Mit dem vor kurzem eröffneten «Cammino Balteo» bietet das Aostatal im Norden Italiens ein ganz besonderes Wandererlebnis. Zwischen Pont-Saint-Martin im Südosten und Morgex im Nordwesten erstreckt sich der 350 Kilometer lange Rundwanderweg durch 46 Gemeinden. Aufgeteilt ist er in 23 Tagesetappen, wobei jede Etappe auch als einzelne Wanderung zu erleben ist.
In dem Sinne ist der Cammino Balteo nicht «nur» eine Wanderung. Es ist vielmehr eine faszinierende Reise durch Kultur und Geschichte; vorbei an einer Naturkulisse, die von Bergriesen, Naturschutzgebieten, dichten Wäldern und lieblichen Auen, Seen, Flussläufen und Wasserfällen geprägt ist. Zeitzeugen am Weg verweisen auf die Epochen der römischen Herrschaft und des Mittelalters. Spannend ist die Auseinandersetzung mit der typischen Architektur in den Dörfern, mit den tief verwurzelten und noch heute gelebten Traditionen und der sprichwörtlichen Gastfreundschaft. Und dies auf Wanderrouten, die zwischen 500 und 1900 m.ü.M. liegen und praktisch das ganze Jahr zugänglich sind, wobei die Temperaturen im Frühling oder Herbst ideal
sind.
In Begleitung des Dora Baltea
Die vorwiegend historischen Wege und fast vergessenen Saumpfade sind für geübte Wanderer und für Familien gleichermassen attraktiv, die Höhenunterschiede belaufen sich durchschnittlich
auf bis zu 700 Meter. Ständiger Begleiter ist dabei der Fluss und Namensgeber Dora Baltea, der von den Höhen der Alpen in die Po-Ebene fliesst.
Wie die Valdostaner ihr Land einst kultiviert haben, kann man sich vorstellen, wenn man an Weiden, Gemüsegärten, Mühlen und Weinbergen entlangwandert. Traditionelle Backstuben und Fontina-Käsereien sorgen für zünftige Verpflegungsmöglichkeiten auf den Touren.
Das Tor ins Aostatal
Die monumentale römische Brücke aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. in Pont-Saint-Martin ist das Tor ins Aostatal und gewissermassen der Beginn des Cammino Balteo. Der Weg führt dem
Lys-Ufer entlang durch die Ländereien der einst mächtigen Familie Valleise ins pittoreske Perloz, das sich schwindelerregend an einen Felsen zu klammern scheint. Der Weiler wird überragt
von Wehrhäusern und der Wallfahrtskirche Notre-Dame-de-La-Garde. Zum nahe gelegenen Ortsteil Chemp führt ein Skulpturenpfad. Der Ortsteil Chemp in Perloz: Beschaulichkeit pur im Aostatal.
Blick auf Saint-Nicolas im Aostatal. Gezeigt werden hier die Holzschnitzwerke lokaler Bildhauer.
Römischer und Mittelalter
Die Wanderer überqueren dann das Flüsschen Lys und gelangen auf halber Hanghöhe nach Lillianes, wo die einzige vierbogige Brücke im Aostatal – sie stammt aus dem Jahr 1733 – und die stattliche Pfarrkirche von San Rocco sofort ins Auge fallen. Wie exemplarisch auf diesem geschichtsträchtigen Einstiegsabschnitt, lässt sich auf allen Etappen die römische und mittelalterliche Geschichte der Region ablesen und nachverfolgen. Und auch im Bergdorf Bard – um ein weiteres Beispiel aufzuführen – ist das traditionell tief verwurzelte Leben noch besonders spürbar. Hier thront eines der kulturellen Highlights der Tour: die imposante Bard Festung aus dem Jahre 1242. Sie wurde 2006 renoviert und ist heute Sitz des Alpen- und Festungsmuseums.
Nützlicher Pioniergeist
Monumental-architektonische Zeitzeugen sind auf dem Cammino Balteo ständige Wegbegleiter; zu entdecken sind zahlreiche urige Dörfer und Weiler, Dorfkirchen, Burgen und Schlösser. Aber auch ein «urbaner» Besuch in der Regionshauptstadt Aosta ist Teil der Zeitreise. Der Cammino Balteo ist ein Weg, der thematische Vielfalt und viel Stoff für Geschichten am Wegesrand bietet. Eine gute Portion Pioniergeist sollte bei dieser Reise durch die valdostanische Vergangenheit also mit im Gepäck sein.
Vallée d’Aoste Tourisme, www.lovevda.it