Was im Frühling gepflanzt, im Sommer gezogen und im Herbst geerntet wird, musste im Südtirol seit jeher haltbar gemacht werden, um die strengen Winter zu überleben. Heute machen sich die Südtiroler Sterneköche diese alten Konservierungsarten zu Nutze und interpretieren sie auf köstliche Weise neu.
Um für die strengen Winter gerüstet zu sein, wurde nichts weggeworfen, sondern alles verarbeitet und haltbar gemacht, damit es auch nach Monaten noch geniessbar war. Fleisch wurde geselcht und geräuchert, das Kraut gesalzen, das Brot getrocknet und einige Gemüse gar eingegraben, um später als Südtiroler Gerichte auf den Teller zu kommen. Der Vorgang des Fermentierens hilft in der modernen Gastronomie, neue Geschmäcker zu entdecken und für einen nachhaltigen Umgang in der Küche zu sorgen. Der Erfolg vieler Sternegekrönter Südtiroler Gastronomen gibt ihnen Recht, wie die neuesten Bewertungen vom Guide Michelin zeigen.
Ein uraltes Verfahren erlebt ein Revival in der modernen Gastronomie
Das Fermentieren, beim Käse und Wein als normaler Vorgang gesehen, wird heute von Spitzenköchen wie Mattia Baroni von La Fuga im Bad Schörgau, Sternekoch Claudio Melis vom Ristorante In Viaggio oder Danilo D’Ambra vom Restaurant Johnson & Dipoli angewandt, um völlig neue Geschmackserlebnisse zu generieren. Weggeworfen wird hier rein gar nichts.
Durch Zugabe von Salz wird Kraut haltbar gemacht
Direkt nach der Ernte der Kohlköpfe werden diese eingeschnitten und mit etwas Salz versetzt, damit der Milchsäure Gärungsprozess einsetzen kann. Rund zwei bis acht Wochen muss man der Natur geben, damit sich der Kohl in wohlschmeckendes und haltbares Sauerkraut verwandelt. Der grösste Produzent von Vinschger Bauern Sauerkraut ist Lechner in Laas. Rübenkraut ist eine Rarität, die nur wenige kennen. Dazu verwendet man die weiss-violetten Rüben, die im Sarntal und am Ritten gehobelt und im Pustertal gerieben werden. Salz dazu und der Konservierungsprozess kann beginnen. Kraut galt und gilt als wichtiger Vitamin C-Lieferant.
Trocknen oder Eingraben
Die findigen Bauern Südtirols wussten sich zu helfen, um die Lebensmittel haltbar zu machen. So wurde früher nur etwa zwei bis dreimal im Jahr Brot gebacken. In luftiger Höhe bewahrte man das Brot in eigens dafür gemachten Holzgestellen auf. Beim Verzehr mit Suppe, Milch oder Wasser wurde das Brot wieder weich gemacht. Bevor man Kühlschränke kannte, hat man das Gemüse über den Winter oftmals einfach eingegraben oder im Sand im Keller verstaut. Heute lässt Sternekoch Theodor Falser von der Johannesstube in Welschnofen gemeinsam mit Bauer Michael Pfeifer vom Eisathhof diese Konservierungsart wieder aufleben. Eine alte Waschmaschinentrommel wird mit begehrten Gemüsearten eingegraben, damit man diese im Winter vor zu wieder herausholen kann. Nachhaltiger geht nicht.
Vorreiter punkto Nachhaltigkeit und Regionalität
Norbert Niederkofler hat als Pionier der Nachhaltigkeit wiederum die drei Michelin Sterne erhalten. Südtirol verfügt über enormes gastronomisches Können, was die insgesamt 25 Sterne des neuesten Guide Michelin als köstliche Realität beweisen. Auch beim Gault&Millau räumt das Südtirol mit insgesamt 98 haubengekrönten Lokalen ab. Die Weine stehen den Restaurants in nichts nach: sechs Rotweine und fünfzehn Weissweine wurden mit drei Gläsern von Gambero Rosso ausgezeichnet. Ganz der Nachhaltigkeit verschrieben haben sich aber auch neue Restaurants wie das B.Local in Bruneck oder die Blaue Traube in Algund mit dem klaren Motto «Radikal lokal».
Beitragsbild: Norbert Niederkofler © IDM Südtirol/Daniel Töchterle