Der Süden schmeckt. Egal ob im Biergarten, im Besen oder Strauß, im Landgasthof oder im Sternerestaurant. Die geheimen Küchenstars sind oft die hochwertigen Produkte, die auf den Wiesen und Feldern, an den Hängen und in den Wäldern heranwachsen. Doch auch abseits der typischen Kulturlandschaften sprießt und wimmelt es und so mancher Wildwuchs findet seinen Weg in die Küche. Vom krabbelnden Superfood über krummes Gemüse bis zum flüssigen Unkraut.
Grillen mal anders: Insekten-Kochkurs in Schwetzingen
Heuschrecke im Speckmantel, Mehlwurm-Burger oder Grillen-Pesto – in vielen Kulturen haben sich Insekten längst als Lebensmittel etabliert. Die Krabbeltiere sind ressourcenschonend und werden durch ihren hohen Protein- und Ballaststoffgehalts inzwischen auch hierzulande als neues Superfood gehandelt. Etwas Mut und Aufgeschlossenheit braucht es allerdings schon, um sich zum Insekten-Kochkurs in der Kochschule von Barbara Grundler in Schwetzingen anzumelden. Doch wer sich überwindet, erweitert nicht nur den eigenen Speiseplan, sondern auch seinen Horizont.
Im Rebendschungel: Wildwuchs im Weinberg
In Württembergs größter Weinbaugemeinde Brackenheim im Heilbronner Land gedeihen seit über tausend Jahren geschmacksintensive Rot- und Weißweine. Die Landschaft ist geprägt von gleichmäßig aufgereihten, akkurat beschnittenen Rebstöcken. Einem Dschungel gleichen dagegen die Wildwuchs-Parzellen im Weingut Wolf. Hier dürfen die vorwiegend alten Reben frei und nahezu unberührt wuchern. Die einzige Laubarbeit übernehmen Schafe, denen der Weinberg als Weide dient. Doch das wilde Durcheinander hat System. Der „freizügige Erziehungsstil“ beflügelt die Aromatik der Trauben, aus denen schließlich charakterstarke Weine entstehen.
Krummes Gemüse und saftiges Obst: Urban Gardening in Stuttgart
Wie eine grüne Insel liegt der bunte Gemeinschaftsgarten „El Palito“ im Stuttgarter Süden. Respekt steht hier an oberster Stelle. Jeder, der diese einfache Regel befolgt, ist willkommen und kann in dem wilden Gartenparadies mitanpacken oder einfach nur die Natur genießen. Auf dem ausladenden Gelände stehen mehr als 20 Obstbäume. Eine Fläche dient dem Gemüseanbau, weiter unten gedeihen Flora und Fauna in geschützten Biotopen. Neben dem El Palito laden in Stuttgart viele weitere Urban Gardening-Projekte zum Mitmachen ein. Etwa der schwebende Garten auf Ebene 0 im Züblin-Parkhaus oder der Stadtacker an den Wagenhallen.
www.elpalito-stuttgart.tumblr.com
Das blaue Gold des Waldes: Heidelbeer-Genuss in Enzklösterle
Ob Blaubeere, Moosbeere oder Waldbeere, die Heidelbeere trägt viele Namen und ist weit verbreitet. Während die im Supermarkt verkauften Kulturheidelbeeren von nordamerikanischen Arten mit hellem Fruchtfleisch abstammen, färbt die heimische Wildheidelbeere die Finger, Zähne und Zungen ihrer Genießer mit ihrem Saft dunkelblau. Vom Strauch genascht werden kann sie etwa auf den Wanderwegen rund um das Heidelbeerdorf Enzklösterle im Nordschwarzwald, wo zu Ehren der knackigen Vitaminbombe jedes Jahr im Juli eine Heidelbeerwoche mit Heidelbeerfest stattfindet.
Domestizierter Häuslebauer: Arche-Passagier Albschnecke
Zwar macht sie dem Titel „Slowfood“ mit ihrem behäbigen Schneckentempo alle Ehre, doch die Albschnecke mag es wie alle Weinbergschnecken wild. Anstelle von bewirtschaftetem Kulturland bevorzugt sie Gebüsche und verwilderte Gärten als Habitat. Schon in der Antike galten die Kriecher als Delikatesse und fanden mit den Römern ihren Weg auf die Schwäbische Alb, wo sie sich auf den kalkhaltigen Böden rasch ausbreiteten. Heute gilt die Art als bedroht und darf in Deutschland nicht mehr in freier Wildbahn gesammelt werden. Die Aufzucht erfolgt in eigenen Schneckengärten, etwa bei Biosphärenbotschafterin und Alb-Guide Rita Goller in Münsingen.
Halali und Horrido – Wildfleisch aus dem Schloss
Wie ein Märchenschloss thront der Stammsitz der schwäbisch-katholischen Linie der Hohenzollern in Sigmaringen auf einem Fels über der Donau. Zum Schloss gehört das weitläufige Waldgebiet Josefslust, das den passionierten Jägern der fürstlichen Familie seit Generationen als Jagdrevier dient. Die zahlreichen Trophäen können bei der Schlosstour „Wild und Wein“ bestaunt werden. Dazu werden köstliche Anekdoten aus dem Alltag des Fürstenhauses und Geschichten zu Waidmannsheil und Waidmannslust kredenzt. Und als krönenden Abschluss kann man sich in der Schlossküche die hauseigenen Wildhäppchen mit einem guten Tropfen auf der Zunge zergehen lassen.
Würziges Grünzeug: Wildkräuter vom Höchsten
Als Relikt der Eiszeit überragt der Höchsten den Hegau und seine Vulkane und bietet über weite Täler herrliche Ausblicke bis zum Bodensee. Da er einst nicht komplett von Gletschern überdeckt war, hat in seinem rauen Höhenklima eine alpine Pflanzenwelt überlebt. Welche Wildkräuter und -gemüse besonders schmackhaft sind und sich positiv auf den Körper auswirken, lernen die Teilnehmer einer Kräuterführung bei Moni Müller. Was am Wegesrand wartet, wird direkt pur verkostet. In der Probierpause gibt es Wohlgemut, Gundermann und Co. zu leckeren Kleinigkeiten verarbeitet. Wer danach noch hungrig ist, kehrt im Kräuterhotel Berggasthof Höchsten ein.
Unkraut in der Flasche: Trend-Limonaden aus Wald und Wiese
Wenn im Süden die Temperaturen steigen, sorgen prickelnde Limonaden für Erfrischung. Die neuen Brausen sind grün, spritzig und schmecken nach Tanne, Waldmeister oder Löwenzahn. Wild gepflückte Weißtannenspitzen und Bio-Tannenhonig bilden die Grundzutaten für die Schwarzwald-Limo „Tannenliebe“, bei der sich jeder Schluck anfühlt, als stünde man mitten im Wald. Der „Meister des Waldes“ höchstpersönlich verleiht der Limonade der Tübinger Firma Erbagold ihr würziges Aroma. Während die „Stuggi Schorle Löwenzahn“ ihren süßlich-herben Geschmack durch den Saft der Wurzeln und Blätter des gleichnamigen Wiesenkrauts erhält.